Qualität mit Coolness-Faktor

Der Werdegang besonderer Verlage und Werke hängt eng zusammen mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten. Das unterstreicht bereits ein Streifzug durch die Geschichte der zurückliegenden 200 bis 300 Jahre und gilt bis in die heutige Zeit. Die faszinierende Erfolgsgeschichte des Leipziger BUCHFUNK Verlages belegt das.

Die BUCHFUNK-Verleger Johannes M. Ackner und David Fischbach sind zwei von diesen außergewöhnlichen Persönlichkeiten, mit denen Leipzig seit Jahrhunderten so reich gesegnet ist und die sukzessive den Mythos der Buchstadt Leipzig schufen und weiterhin leben.

Ausgerechnet im vermeintlichen Krisenjahr 2003 liegen die Wurzeln des BUCHFUNKS. Damals schuf der Journalist und Medienberater Johannes M. Ackner die ersten Hörbücher, die seitdem kostenfrei im Internet verfügbar sind. Ein Jahr später stieß der Germanist David Fischbach hinzu – und pünktlich zum großen Stadt-Geburtstag 2015 hat man die 1.000-Titel-Marke im Blick.

Parallel dazu werden hochkarätige Hörbücher und Hörspiele produziert, die mit Lob und Preisen regelrecht überschüttet werden. Nicht ohne Grund, denn Johannes M. Ackner und David Fischbach setzen prinzipiell auf hohe Qualität – in Verbindung mit einem reichhaltigen „Coolness-Faktor“.

Das erinnert an eine historische Parallele vor über anderthalb Jahrhunderten. Schon der Legenden-Schmied Anton Philipp Reclam (28.6.1807-5.1.1896) setzte auf einen hohen Coolness-Faktor. In einem so hohen Maße, dass ihn das mit 40 Jahren als einen Mittelpunkt demokratischer Querdenker in einer stark reaktionären Zeit fast den Kopf gekostet hätte.

Nach der gescheiterten Bürgerlichen Revolution von 1848/ 49 zeigte Anton Philipp Reclam deshalb sich und der Welt die „Gelbe Karte“: Mit dem Stichtag 9. November (!) 1837 wurde mit einer Frist von 30 Jahren und somit Wirksamkeit ab 1867 das Urheberrecht geändert. Gemeinsam mit seinem Sohn Hans Heinrich Reclam begründete Anton Philipp Reclam prompt einen Klassiker für Klassiker, die bis heute überaus erfolgreiche „Universal-Bibliothek“.

Am 10. November 1867 ging es mit den beiden ersten Folgen los – nämlich Goethes „Faust I“ und „Faust II“, was gleich die eingeschlagene Richtung anzeigte. Zudem in einer sehr hohen Auflage von jeweils 5.000 Stück, die nach wenigen Wochen bereits vergriffen waren. Hohe Qualität zum kleinen Preis war das maßgebliche Motto.

Weiter ging’s mit Lessings „Nathan der Weise“, und nach knapp 30 Jahren waren im April 1898 bereits 3.810 Bände auf dem Markt. Richtig gelb wurden die beliebten Büchlein zwar erst nach rund 100 Jahren 1970, sie bilden aber in dieser Form den fest verinnerlichten Markenkern beim breiten Publikum in Verbindung mit dem Verlag Philipp Reclam jun.

Beinahe kurios: Der beherzte Querdenker Anton Philipp Reclam hat nachhaltig just in dem Moment die Massen erreicht und ihnen bedeutsame Werte über große Literatur vermittelt, als er wirtschaftlich klug Kunst und Kommerz in eine harmonische Verbindung brachte.

Die BUCHFUNK-Verleger Johannes M. Ackner und David Fischbach könnten als wichtige Wegbereiter des Mediums Hörbuch in die Geschichte eingehen. Im Verbund mit ihrer Lektorin Friederike Grigoleit möchte man sie schon jetzt als die „Drei Musketiere des modernen Literatur-Transfers“ bezeichnen.

Mit einer technisch bedingten leichten Variante beschreiten sie mit ihrem Markenkern „vorleser.net“ einen ähnlichen Ansatz wie einst Anton Philipp Reclam und verankern via Literatur wichtige Werte in den Köpfen eines riesigen Publikums.

Vielleicht sind die BUCHFUNK-Verleger Johannes M. Ackner und David Fischbach wie auch Friederike Grigoleit beseelt vom Geist von Anton Philipp Reclam, dessen Grab sich auf dem Alten Johannisfriedhof in Leipzig in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Haus des Buches“ und quasi im Garten der Gutenberg-Schule befindet. Das würde den Ur-Reclam wahrscheinlich freuen – und zugleich den erstaunlichen Weg und großen Erfolg des BUCHFUNK Verlages zusätzlich erklären.

Der Verlagssitz liegt aktuell im Leipziger Waldstraßenviertel. In der Liviastraße 7, die nach einer „Tante“ des „Toten Hosen“-Frontman Campino benannt ist. Das mag die zwingende Beachtung der Verbindung aus Qualität und Coolness-Faktor weiter abrunden. Bewundernswert und typisch ist aber auch ein weiteres Merkmal: Die riesige Tatkraft der BUCHFUNK-Macher in Verbindung mit einer hohen Gelassenheit sowie reichlich Charme und Lebensfreude.

Das würde überdeutlich etwa während der exzellent besuchten Leipziger Buchmesse. Da wirkte der Messestand des BUCHFUNK Verlages beinahe wie ein Wellenbrecher. Wie ein Hort der Ruhe, obwohl ebenfalls stark frequentiert. Vielleicht ist es auch die Aura der „Drei Musketiere“, die den Unterschied macht und dabei Entspannung und konsequentes Tun in eine harmonische Einheit bringt.

Da sich das auf die Hörbuch-Produktionen und bald 1.000 Angebote des BUCHFUNK Verlages überträgt, dürfte der gewählte Erfolgsweg gerade erst begonnen worden sein und der 4.000. Titel für das Jahr 2033 prognostiziert werden.

Holger Gemmer

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