Die Geburt der Buchstadt

Die Geschichte der Buchstadt Leipzig beginnt bald nach den bahnbrechenden Erfindungen von Johannes Gutenberg und noch vor der Entdeckung Amerikas durch Christoph Columbus. Als „Geburtsurkunde“ wird ein Werk des Druckers Marcus Brandis von 1481 angenommen. Zu Beginn der Frühen Neuzeit gibt es in Leipzig eine rege Buchdrucker-Szene, in der neben Marcus Brandis Größen wie Konrad Kachelofen und Melchior Lotter herausragen und die bereits Tradition besitzt.

Etwa dreißig Jahre nachdem sich der Buchdruck nach Gutenberg allmählich in Deutschland und ganz Europa etablierte, entwickelten sich seit 1480 zwei eigene Druckschriftarten: Die oberrheinische Schrift und die so genannte Schwabacher-Type verbreiteten sich von Süddeutschland aus über Europa.

Doch im nördlichen Teil des Landes behauptete sich zeitweilig eine Schriftart selbstständigen Stils – die Brandis-Type. So bezeichnet nach vier Brüdern mit Namen Brandis, die Ende des 15. Jahrhunderts als Buchdrucker in Merseburg, Lübeck, Magdeburg und Leipzig wirkten.

Als Heimat der Brandis-Drucker lässt sich Delitzsch festmachen, das Mitte des 15. Jahrhunderts an der Straße von Leipzig nach Dessau-Zerbst-Magdeburg bereits Bedeutung besaß und heute die viertgrößte Stadt im Ballungsraum Leipzig-Halle ist.

Bereits 1404 wurde in Delitzsch durch ein Vermächtnis die Kirchenbibliothek gegründet und Stadtschreiber sowie Geistliche schrieben, illuminierten und banden Bücher für den kirchlichen Dienst und den Schulunterricht.

Weiterhin ist bekannt, dass vier Delitzscher die 1409 errichtete Universität Leipzig bezogen. Der wohl älteste Brandis-Bruder Lucas war beispielsweise seit dem Wintersemester 1465/66 dort immatrikuliert. Dass dieser der Bruder von Matthäus Brandis war, geht aus dem Impressum eines 1497 gedruckten Stundenbuches hervor.

Marcus Brandis, der besonders für die Leipziger Druckergemeinschaft wichtig wird, ist ebenfalls als Delitzscher nachweislich an der Leipziger Universität eingeschrieben. Der wohl jüngste Bruder Moritz Brandis stammte ebenfalls nachweislich aus Delitzsch.

Dazu kommt, dass Marcus Brandis als sein Bruder angegeben ist, als mehrere Druckwerke Moritz‘ gepfändet wurden, um seine Schulden zu begleichen. Da Marcus 10 Gulden zugesprochen wurden, schien er auch zusätzlich sein Gläubiger zu sein.

Eine für die Geschichte der Buchstadt Leipzig bedeutende und interessante Familie, über deren einzelne Mitglieder sowie ihr Schaffen und ihre Wirksamkeit zu gegebener Zeit noch manches Detail präsentiert werden kann.

Ende des 15. Jahrhunderts, also während der Schaffenszeit der Brandis-Familie, taucht noch ein weiter Mann dieses Namens auf: Johannes Brandis besaß im vorherrschenden Viertel der Stadt Delitzsch ein Haus, dennoch ist ihm bisher keine Druckertätigkeit nachzuweisen.

Fassen wir an dieser Stelle einleitend also zusammen: Lucas, Matthäus, Marcus, Moritz und Johannes Brandis waren alle Delitzscher Herkunft. Lucas und Matthäus sowie Marcus und Moritz Brandis sind nachweislich Brüder und alle vier standen wohl in einem familiären Verhältnis zueinander.

Genaue Geburts- oder Todesdaten der einzelnen Brandis sind leider nicht überliefert, aber ihr Leben und Schaffen ist mehr oder weniger umfangreich erfasst. Ihre Tätigkeit in Norddeutschland und besonders im Raum Leipzig scheint einen bedeutsamen Punkt im Buchdruckgewerbe zu markieren. Ein Punkt, der auch den Weg Leipzigs zur „Metropole des Buches“ ebnete.

Lia Bertram

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