Der berühmteste „Beißer aus der Tonne“ war Diogenes von Sinope, um den sich zahlreiche Legenden bildeten und dem manch literarisches Denkmal gesetzt wurde. Selbst die auf kindliche Bildung ausgerichtete TV-Serie „Sesamstraße“ griff diesen kritischen Geist in ihrer Frühphase auf und ließ das grüne Knuddelmonster Oscar regelmäßig aus einer Tonne granteln. Leipzigs markanteste Kultur-Tonne findet sich in der „Moritzbastei“. Dort ziehen nun gleich drei markante Beißer ein und präsentieren „Bis(s) zur letzten Seite“ ein neues Format der Literaturkritik.
Literatur braucht Kritik – und diese Kritik sollte fundiert, aber nicht immer bierernst daherkommen. So sehen es David Gray, Christian Kreis und Elia van Scirouvsky, die sich dieser Aufgabe ab Montag, dem 28. September, um 20 Uhr in der Ratstonne der „Moritzbastei“ in der Universitätsstraße 9 viermal im Jahr stellen.
Alle drei sind auf ganz individuelle Weise der Literatur verbunden und wagen den Blick auf aktuelle Bestseller und auch über diesen Tellerrand hinaus. Es soll gestritten, diskutiert, gelacht und unterhalten werden, wobei das Publikum nicht nur in der Zuschauerrolle verharren muss.
Unkonventionell soll es zugehen, wobei so manches Buch aber einen aus Sicht des Trios „wohlverdienten“ Platz in der „Blauen Tonne“ bekommen wird. Das mag objektiv gesehen immer eine subjektive Einschätzung als Grundlage haben … Ein Problem, mit dem sich auch Diogenes regelmäßig konfrontiert sah.
Aus der Tonne in die Tonne: Drei Beißer (v.l.) Christian Kreis, David Gray und Elia von Scirouvsky. Foto:
David Gray stammt aus Leipzig, hat sich vielfältig gebildet und vollendete unter anderem einen Drehbuchlehrgang in Berlin. Er ist Liebhaber von Kant, Camus, erklärter Fan von Hannah Arendt und beschreibt sich selbst als „völlig untalentiert im Verfassen von Poesie“. Dafür rühmen einige seiner Stammleser zuweilen seinen Sinn für dunkelschwarzen Humor.
Christian Kreis ist ein in Bernburg geborener Lyriker. Nach dem Studium der Soziologie und Politikwissenschaft schloss er ein weiteres am Deutschen Literaturinstitut Leipzig ab und veröffentlichte mehrere Lyrikbände. Er schreibt für „Fixpoetry“ Kolumnen, organisiert Lesereihen und ist Mitglied der Lesebühne „Kreis mit Berg“.
Der ungemein vielseitige Elia van Scirouvsky stammt aus dem Erzgebirge, studierte Germanistik und Philosophie und arbeitet als freiberuflicher Autor, Lektor, Redakteur und Moderator. Seit Anfang 2010 moderiert er „Der durstige Pegasus“ abwechselnd mit Norbert Marohn, hinzu kommen weitere Moderationen renommierter Literaturveranstaltungen. Im Verband deutscher Schriftsteller ist er seit Februar 2011 Stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen.
Holger Gemmer